Das große Stühlerücken kommt - Wie robust ist die Nachfolgeplanung der Unternehmen?

Veröffentlicht
5. Mai 2025
Das große Stühlerücken kommt - Wie robust ist die Nachfolgeplanung der Unternehmen?
In den kommenden fünf Jahren steht ein massiver Generationenwechsel an - auch im Management. Die Babyboomer verabschieden sich in den Ruhestand und machen Platz für die nachfolgenden Generationen. Durch systematische Nachfolgeplanung (neudeutsch: Succession Planning) wollen Unternehmen diesen Wechsel strukturiert und strategisch bewältigen.

Die Theorie:

In der Theorie umfasst eine effektive Nachfolgeplanung mehrere zentrale Schritte:​

  1. Identifikation von Schlüsselpositionen: Unternehmen identifizieren, welche Führungspositionen in naher Zukunft vakant werden könnten.​
  2. Risikoeinschätzung: Es wird analysiert, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese Positionen frei werden, sei es durch Ruhestand, Fluktuation oder andere Gründe.​
  3. Interne Talentidentifikation: Mitarbeitende mit hohem Potenzial werden identifiziert, die langfristig in der Lage sind, Schlüsselpositionen erfolgreich zu besetzen.​
  4. Personalentwicklungsmaßnahmen: Diese identifizierten Talente werden durch gezielte Entwicklungsprogramme auf ihre zukünftigen Rollen vorbereitet.​

Dieser strukturierte Ansatz soll sicherstellen, dass Unternehmen jederzeit über qualifizierte Nachfolgerinnen und Nachfolger für kritische Positionen verfügen - und somit ihre Handlungsfähigkeit erhalten bleibt.​

 

Die Praxis:

Trotz sorgfältiger Planung gibt es kritische Faktoren, die die Effektivität - und vor allem die gewünschten Ergebnisse der Nachfolgeplanung beeinträchtigen können:​

  1. Hohe Wechselbereitschaft: Aktuelle Studien zeigen eine anhaltend hohe Wechselbereitschaft unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Laut der XING Wechselwilligkeitsstudie 2025 sind 36 % der Befragten offen für einen Jobwechsel.

    Besonders hoch ist die Wechselbereitschaft mit 48 % bei den jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zwischen 18 und 29 Jahren. 

    Diese hohe Fluktuationsbereitschaft betrifft zwangsläufig auch die Nachfolgeplanung. Potenzielle interne Nachfolgerinnen und Nachfolger verlassen möglicherweise das Unternehmen, bevor sie in die vorgesehenen Führungspositionen aufsteigen.​
     
  2. Veränderte Werte und Erwartungen: Jüngere Generationen legen vermehrt Wert auf Work-Life-Balance, flexible Arbeitsmodelle und eine sinnstiftende Tätigkeit. Klassische Führungsrollen, die mit hohen Arbeitsbelastungen und starren Strukturen verbunden sind, wirken daher auch für viele potenzielle Nachwuchsführungskräfte weniger attraktiv als früher. 

    Diese Verschiebung der Erwartungen und Wertvorstellungen kann dazu führen, dass interne Kandidatinnen und Kandidaten letztlich die vorgesehenen Führungspositionen ablehnen - oder gar das Unternehmen verlassen.
     
  3. Unzufriedenheit mit der Führung: Die erlebte Führung spielt eine entscheidende Rolle für die Mitarbeiterbindung. Laut der EY-Studie "Work Reimagined" geben nur 48 % der Beschäftigten in Deutschland an, im Job ihr Bestes zu geben. Zudem planen mehr als vier von zehn Beschäftigten einen Jobwechsel.  

    Diese akute Unzufriedenheit im heutigen Arbeitsumfeld kann die Wechselbereitschaft erhöhen und somit die Stabilität der Nachfolgeplanung gefährden.​

 

Konsequenzen einer unzureichenden Nachfolgeplanung:

Wenn Unternehmen die Risiken des Generationenwechsels auf der Führungsebene bzw. potenzielle Lücken der Nachfolgeplanung nicht proaktiv adressieren, drohen vielfältige negative Konsequenzen:​

  • Nachfolgelücken: Ineffektive Nachfolgeplanung kann dazu führen, dass Schlüsselpositionen unbesetzt bleiben, was die Handlungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt - und somit die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. ​
  • Wissensverlust: Mit dem Ausscheiden erfahrener Führungskräfte geht wertvolles Unternehmenswissen verloren, das für den zukünftigen Erfolg essenziell ist.
  • Produktivitätseinbußen: Unbesetzte oder schlecht besetzte Führungspositionen können die Effizienz und Produktivität des Unternehmens beeinträchtigen. ​
  • Finanzielle Instabilität: Ohne funktionierende Nachfolgeplanung können unerwartete Führungswechsel zu finanziellen Verlusten und erhöhten Kosten führen. ​
  • Beschädigte Kundenbeziehungen: Ein plötzlicher Führungswechsel ohne Vorbereitung kann das Vertrauen der Kunden erschüttern und zu Umsatzverlusten führen. ​
  • Negative Auswirkungen auf die Unternehmenskultur: Fehlende Kontinuität in der Führung kann die Unternehmenskultur destabilisieren und die Mitarbeiterbindung beeinträchtigen. ​

 

Besonders betroffen ist der Mittelstand in Deutschland.

Viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Deutschland stehen vor der Herausforderung, geeignete Nachfolger zu finden. 

Laut einer Analyse von IBISWorld erschweren Fachkräftemangel, demografischer Wandel und mangelnde Risikobereitschaft der jungen Generation die Unternehmensnachfolge in mittelständischen Unternehmen. Diese Faktoren führen dazu, dass zahlreiche Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Nachfolge zu sichern - was langfristig ihre Existenz gefährden kann. ​

 

Was können Unternehmen machen, um potenzielle Lücken / Risiken der Nachfolgeplanung frühzeitig zu erkennen?

Unternehmen sollten umgehend folgende Schritte einleiten:​

  • Initiierung eines offenen Dialogs mit den vorgesehenen Nachfolgerinnen und Nachfolgern, um deren Erwartungen und Pläne zu verstehen.​
  • Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der jüngeren Generationen, um die Attraktivität von Führungspositionen zu erhöhen.​
  • Einbindung externer Expertise durch Personalberater, um den internen Auswahl-/Evaluierungsprozess zu optimieren - und auch extern geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu identifizieren.​
  • Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung des Nachfolgeplans, um auf Veränderungen im Unternehmensumfeld reagieren zu können.​

 

Fazit:

Der bevorstehende Generationenwechsel wird Unternehmen vor eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte stellen. 

Der demografische Wandel, die hohe Wechselbereitschaft und das veränderte Führungsverständnis der nachrückenden Generationen machen klassische Nachfolgeprozesse zunehmend unberechenbar. 

Wer sich allein auf bestehende Pläne verlässt, riskiert gravierende Nachfolgelücken, Wissensverlust und eine Destabilisierung der gesamten Organisation.

Eine zukunftssichere Nachfolgeplanung erfordert deshalb eine strategische, langfristige und anpassungsfähige Herangehensweise. 

Unternehmen müssen aktiv den Dialog mit potenziellen Nachfolgern suchen, ihre Führungsstrukturen und Arbeitsmodelle an moderne Erwartungen anpassen - und einen realistischen Plan B entwickeln. 

Auch die Unterstützung durch externe Experten wie Personalberater kann entscheidend sein, um frühzeitig intern/extern geeignete Talente zu identifizieren und gezielt auf Führungsaufgaben vorzubereiten.

Wer heute die richtigen Weichen nicht nur stellt, sondern sie auch fortlaufend kontrolliert, sichert den Erfolg von morgen. 

Jetzt gilt es zu handeln - bevor der Führungskräftemangel zur Wachstumsbremse wird!

 

 

Quellen:
XING Wechselwilligkeitsstudie 2025
EY-Studie "Work Reimagined"     
LinkedIn, The Risks of Poor Succession Planning - 5 Steps to Solve Them
IBISWorld, Herausforderungen und Potenziale im Bereich der Nachfolge bei mittelständischen Unternehmen   

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